Spukgeschichten aus der Sächsischen Schweiz

Spuk in der Sächsischen Schweiz

Die Sächsische Schweiz ist eine Landschaft wie aus einem Traum – oder wie aus einem Albtraum. Gewaltige Sandsteinfelsen ragen in den Himmel, tiefe Schluchten schneiden sich durch den Wald, Nebel liegt über den Tälern. Wer bei Dämmerung auf einem der einsamen Wege wandert, spürt unweigerlich, dass hier Geheimnisse wohnen. Und tatsächlich – seit Jahrhunderten erzählen sich die Menschen in den Dörfern rund um Bad Schandau, Hohnstein oder Königstein unheimliche Geschichten. Geschichten von Spukgestalten, Geistern und unruhigen Seelen, die zwischen den Felsen umherwandeln.

Die weiße Frau von Hohnstein

Die Burg Hohnstein thront auf einem Felsen hoch über dem Polenztal. In klaren Nächten, so berichten Einheimische, sieht man eine Gestalt in Weiß über die Zinnen schreiten. Manche schwören, dass es die Seele einer Gräfin sei, die im 15. Jahrhundert unschuldig verurteilt wurde. Sie soll betrogen und verleumdet worden sein – und in der Kerkerhaft starb sie. Ihr letzter Wunsch sei gewesen, ihre Unschuld zu beweisen, doch niemand hörte sie. Seitdem wandelt sie als weiße Frau umher, ruhelos, auf der Suche nach Gerechtigkeit.

Wanderer berichten, dass plötzlich ein kalter Wind aufzieht, wenn sie in der Nähe der Burg stehen, auch wenn der Sommer noch so warm ist. „Es war, als ob jemand neben mir atmete“, sagte ein Mann, der spätabends am Burgfelsen vorbeiging.

Der kopflose Reiter im Kirnitzschtal

Im Kirnitzschtal, wo die Straßenbahn zwischen Bad Schandau und Lichtenhainer Wasserfall fährt, gibt es eine besonders düstere Geschichte. In stürmischen Nächten soll ein kopfloser Reiter auf einem schwarzen Pferd durch das Tal jagen. Hufschläge hallen über die Felsen, doch wer hinsieht, erkennt – der Reiter hat keinen Kopf. Die Sage geht zurück auf einen Förster, der im 18. Jahrhundert im Streit erschlagen wurde. Sein Körper wurde gefunden, doch der Kopf blieb verschwunden. Manche behaupteten, er sei in der Kirnitzsch fortgespült worden. Seither sucht der Geist des Försters als kopfloser Reiter sein verlorenes Haupt.

Ein alter Kutscher erzählte einmal: „Wenn der Wind pfeift und die Bäume ächzen, dann höre ich die Hufe. Dann treibe ich meine Pferde schneller, sonst holt er mich.“

Das Flüstern der Bastei

Die Basteibrücke ist heute ein Magnet für Touristen, doch in stillen Nächten soll man hier Stimmen hören – ein Flüstern, das aus den Felsen selbst zu kommen scheint. Die Legende sagt, es seien die Seelen von Schmugglern und Räubern, die hier einst ihr Versteck hatten. Manche von ihnen wurden gefasst und hingerichtet, andere stürzten beim Fluchtversuch in die Tiefe. Einige Wanderer berichten, sie hätten ihren Namen gehört, obwohl niemand in der Nähe war. Andere sprechen von Schatten, die über die Brücke huschten, auch wenn kein Mensch zu sehen war. Ob Einbildung oder Spuk – die Bastei trägt ihre Geheimnisse im Stein.

Die Hexen von Rathen

In der Nähe von Rathen soll es im 17. Jahrhundert Hexenverbrennungen gegeben haben. Zwei Frauen aus dem Ort wurden der Zauberei beschuldigt, weil die Ernte verdorrte und Kinder krank wurden. Sie wurden auf dem Scheiterhaufen hingerichtet. Seither, so erzählen die Alten, tanzen in manchen Nächten Schattenfiguren über den Felsen des Amselgrundes.

„Es ist, als ob man Stimmen hört – Klagen und Lachen zugleich“, sagte eine Frau aus Rathen. Manche glauben, es seien die Seelen der unschuldig Verurteilten, die nie Frieden fanden.

Der Schatzgeist von Königstein

Die Festung Königstein ist ein gewaltiges Bollwerk. Doch tief in ihren Kellern, so erzählt man, liegt ein Schatz – bewacht von einem Geist. Er erscheint als alter Soldat, mit Rüstung und Schwert. Wer ihn sieht, hat Glück oder Unglück, je nachdem, wie er sich verhält. Ein Soldat im 19. Jahrhundert soll ihn gesehen haben. Er berichtete von einer Gestalt, die wortlos an ihm vorbeiging, die Rüstung klirrend, und in einer Wand verschwand. Am nächsten Tag starb der Soldat bei einem Unfall. Seither meiden Wachen die tiefsten Keller der Festung, wenn sie allein sind.

Schatten über der Sächsischen Schweiz

Ob weiße Frauen, kopflose Reiter oder flüsternde Stimmen – die Spukgeschichten der Sächsischen Schweiz sind so vielfältig wie die Landschaft selbst. Sie sind mehr als bloße Märchen: Sie spiegeln die Ängste und Hoffnungen der Menschen wider, die hier seit Jahrhunderten leben. Und wenn man an einem Herbstabend durch die Schluchten wandert, der Nebel aufsteigt und das Rauschen der Elbe wie ein Flüstern klingt, dann versteht man, warum diese Geschichten überlebt haben. Vielleicht, weil die Felsen selbst zuhören. Vielleicht, weil manche Orte Erinnerungen nie loslassen.

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