Das „Singende Bierfass“ auf dem Altmarkt

Das singende Bierfass auf dem Altmarkt

Der wunderschöne Dresdner Altmarkt war seit Jahrhunderten das Herz der Stadt. Hier schlugen die Marktstände ihr Lager auf, hier fanden Feste, Prozessionen, Jahrmärkte und Schauspiele statt. Zwischen all den Köstlichkeiten wie Obst, Fleisch, Brot und Tuch gab es immer eines, das die Menschen ganz besonders anzog: das Bier. Dresden war schon im Mittelalter eine Stadt des Bieres – mit zahlreichen Brauereien und Schenken, in denen die Kunst des Brauens streng reglementiert war.

Die Legende

Unter all den Geschichten, die sich um den Altmarkt ranken, sticht eine besonders hervor: die Legende vom „Singenden Bierfass“. Man erzählt, dort habe einst ein großes Fass gestanden, das beim Zapfen Musik von sich gab. Ob es sich um eine technische Spielerei, einen Scherz der Brauer oder schlicht um eine Fantasie handelte, ist heute nicht mehr nachweisbar. Historische Quellen fehlen, doch die Anekdote wird seit Generationen weitererzählt. Sie steht sinnbildlich für Dresdens Freude am Leben und für die Erzählfreude einer Stadt, die ihre Traditionen liebt – auch dann, wenn sie eher ins Reich der Legenden gehören.

Ein Fass, das Stimmen hatte

Das Fass war groß und mächtig, aus Eichenholz gebunden und mit Eisenreifen verziert. Doch dieses Fass war etwas ganz Besonderes. Die lieben Brauer hatten darin eine praktische Vorrichtung eingebaut: Wenn das Bier gezapft wurde, ertönte eine wunderschöne Melodie. Manche sagen, es waren kleine Pfeifen, ähnlich einer Orgel. Andere behaupten, es sei eine mechanische Vorrichtung gewesen, die mit Luftdruck arbeitete – ähnlich wie eine Spieluhr. Beim Ausschank erklangen nicht nur die fröhlichen Rufe der Gäste, sondern auch Musik: Lieder, die vom Fass „gesungen“ wurden. Manchmal waren es einfache Weisen, manchmal gar Spottlieder auf schlechte Brauer.

Irgendjemand schrieb um 1600: „Das Bier ist in Dresden so gut, dass selbst die Fässer singen, wenn man sie ansticht.“

Der Stolz der Brauer

Das singende Bierfass war mehr als nur eine Attraktion – es war eine berührende Demonstration des Selbstbewusstseins der Dresdner Brauer. Wer am schönen Altmarkt sein leckeres Bier verkaufte, stand im Wettbewerb. Mit dem Fass zog man die Kundschaft an. „Kommt her, hier singt das Bier selbst!“, riefen die Wirte und die Leute kamen in Scharen. Es heißt, dass sogar Kurfürst August einmal inkognito auf den Markt kam, um das Spektakel zu sehen. Angeblich lachte er herzlich, als das Fass beim Zapfen eine Melodie spielte, die man damals in den Schenken sang: „Wer sein Bier nicht ehrt, ist des Durstes nicht wert.“

Eine Legende entsteht

Ob es sich wirklich um ein technisches Meisterwerk handelte oder ob es sich um die Fantasie der Chronisten handelt, lässt sich heute nicht mehr zweifelsfrei klären. Doch die Geschichten wurden weitergetragen, und heute können wir uns noch immer an sie erinnern. Im 18. Jahrhundert sprach man in Gasthäusern noch liebevoll vom „singenden Fass“. Manche behaupteten sogar, es sei verhext gewesen – und habe nur für die getrunken, die es ehrlich meinten. Andere erzählten, das Fass habe auch warnende Töne von sich gegeben, wenn jemand zu viel trank. Ein tiefer, beruhigender Brummton soll erschallt sein, sobald ein Betrunkener den Krug erneut füllen wollte.

Das Verstummen des Fasses

Nach einer Weile war das singende Bierfass vom Altmarkt verschwunden. Es ist möglich, dass es im Dreißigjährigen Krieg verloren gegangen ist oder vielleicht sogar auseinandergebaut wurde. Doch die Erinnerung blieb. Im 19. Jahrhundert dichteten Studenten Spottverse darauf, und beim Wiederaufbau nach 1945 erzählten ältere Dresdner, sie hätten von ihren Großeltern Geschichten darüber gehört. Heute ist das Singende Bierfass mehr Mythos als historische Tatsache – ein wunderbares Stück Dresdner Volkskultur, das zeigt, wie eng Bier, Freude und Phantasie hier zusammengehören.

Ein Bild im Gedächtnis

Wenn man heute über den Altmarkt geht, zwischen Weihnachtsmarktbuden oder Wochenmarktständen, kann man sich für einen Moment vorstellen: Ein großes Fass in der Mitte, Zapfhähne, Bier strömt in die Krüge, und über allem erklingt ein Lied – nicht von Musikanten, sondern vom Fass selbst.

Das Singende Bierfass ist verschwunden, doch als Legende lebt es fort – ein Sinnbild für Dresdens Freude am Leben und seine Liebe zu alten Bräuchen.“

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